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„EIN GROSSER TAG FÜR DIE EISENBAHNGESCHICHTE“:

 

Eisenbahnhistoriker Elmar Oberegger vom oberösterreichischen Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer mit dem Titel „Konsulent für Wissenschaft“ ausgezeichnet(25.11.10).

   
 

 

Am 25. November 2010 wurde der international tätige Eisenbahnhistoriker Dr. Elmar Oberegger(Stichwort: „Eisenbahngeschichte Alpen-Donau-Adria“) vom oberösterreichischen Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer im Festsaal des Linzer Landhauses offiziell(gem. allg. LTG-Beschl. v. 11.10.10) mit dem Titel „Konsulent für Wissenschaft“ ausgezeichnet.

Überreichung der Urkunde(25.11.10, Festsaal Landhaus Linz):

Copyright: Land OÖ

Der stolze Jubilar betonte einerseits, dass er sich durch die Verleihung dieses Titels persönlich sehr geehrt fühle, andererseits aber auch, dass dieser 25. November ein „Großer Tag für die Eisenbahngeschichte“ sei.

Besonders freute es ihn, dass ihm diese Auszeichnung im „Mutterland des heutigen österreichischen Eisenbahnwesens“ zuteil geworden ist. 1832 wurde die Pferdeeisenbahn Linz-Budweis eröffnet. Der Landeshauptmann von Oberösterreich habe mit dieser Ernennung „größten kultur-historischen Spürsinn“ bewiesen, wie er sagte.

Das „Fach Eisenbahngeschichte“ wird in Österreich eigentlich schon sehr lange betrieben, nach 1918 geriet es jedoch zunehmend in Vergessenheit bzw. wurde politisch überfrachtet. „Eisenbahn“, wurde zum Synonym für „Sozialismus“.

Oberegger dazu: „Das ist sehr schade und hemmt bis heute grundsätzlich eine naturbelassene Weiterentwicklung des Faches. Festzuhalten ist historisch, dass das ‚Projekt Eisenbahn‘ zunächst ein ‚Bürgerliches Projekt‘ war – entstanden in bürgerlichen Köpfen, besonders anfangs gespeist durch bürgerliches Kapital. Alles andere kam erst später“. Er habe sich in seinen Projekten grundsätzlich immer darum bemüht, „die Dinge ins rechte Licht zu setzen“.

Schon vor der Mitte der 1990er Jahre begann Oberegger als Student der „Sozialwissenschaften“ an der „Paris Lodron-Universität“ Salzburg seine Beschäftigung mit der „Eisenbahngeschichte“. Seine „Erwecker“ bzw. „Lehrer“ waren damals ao.Univ.-Prof. Dr. Georg E.Schmid und dessen Assistent Dr. Peter Staudacher.

Da jedoch beide bald die Universität verließen, dissertierte er schließlich bei Prof. Reinhold Wagnleitner(Salzburg) und Prof. Rudolf G. Ardelt(Linz) über ein Thema der westdeutschen Zeitgeschichte(Promotion 1999).

Oberegger kam am 10. Mai 1972 als drittes Kind des damaligen „Ober-Offizials“ Otto Oberegger in Wels zur Welt. Väterlicherseits stammt er von steiermärkischen Bergleuten, Eisenbahnern und Wilderern ab, mütterlicherseits ist er weitschichtig mit dem oberösterreichischen Dichterfürsten Adalbert Stifter verwandt.

Nachdem sein Vater im nahegelegenen Sattledt den Posten des „Gemeinde-Sekretärs“ erhalten hatte, erfolgte der Umzug dorthin.

Man wohnte in der „Alten Volksschule“, welche um die Jahrhundertwende errichtet worden war, schließlich eben anderen Zwecken zugeführt wurde und dabei langsam verfiel. Oberegger: „Es war eine sehr schöne Kindheit dort, in diesem alten, verfallenen Haus. In besonderer Erinnerung ist mir das auch im Hochsommer stets kühle Treppenhaus. Der weitläufige, düstere und mit vielerlei alten Spinnweben gezierte Dachboden, wo man immer das Hin- und Herwogen des Windes hören konnte, und wo vielerlei interessante Dinge zu entdecken waren, war immer ein großes Abenteuer. Irgendwie möchte ich sagen, dass meine Laufbahn als Historiker genau dort begann, bei diesen alten, verstaubten Zeitungen und Gegenständen. Meine Mutter bewahrte dort oben in einer alten Kommode den Speck auf. Unter dem Titel ‚Sattledter Dorfentwicklung‘ wurde dieses Gebäude schließlich völlig verunstaltet. Zuvor mussten meine Eltern ausziehen. Da war ich allerdings schon in Salzburg beim Studium. Immer, wenn ich in Böhmen oder irgendwo sonst so alte Häuser der k.k.-Zeit betrete, fühle ich mich an diese schöne Zeit zurückerinnert“.  

Oberegger besuchte in Sattledt von 1978 bis 1982 die Volksschule und sodann wieder in Wels das Bundes-Gymnasium in der Dr. Schauer-Straße. „Ich war nie ein guter Schüler, auch das sei zu diesem hohen Anlass gesagt. Meine geistigen Bedürfnisse lagen schon früh anderswo als in der Schule. Ich empfand es immer nur so: ‚Für die Schule lernen wir, nicht für das Leben‘. Echt traurig. Hat mir viel, viel Energie gekostet“.

Als „eigentlichen Lehrer“ seiner Kindheit und Jugendzeit gibt Oberegger seinen Onkel Pater Thomas Eckerstorfer(OSB) – den „Vater“ des heutigen Kulturzentrums St.Blasien/Bad Hall - an:

„Er war es, der mir Caesar schließlich als lebendigen Menschen darstellte. Und auch alle anderen Themen der Geschichte lebendig machte. Er hat einst auch meine Tauf-Predigt gehalten. Motto: ‚Was ich Euch im Dunklen sage, das ruft von den Dächern‘. Er wollte also nie, dass ich so ein ‚schleimiger Diplomat‘ werde. Und das hat sich erfüllt! Auf geradezu unheimliche Weise! Erst vor ein paar Jahren hörte ich nämlich das Tauf-Tonband von damals. Deshalb wirkte das auf mich geradezu unheimlich. Es hat sich alles erfüllt, aber ohne mein direktes Wissen. Onkel Thomas war ein so gütiger Mensch! Schrieb ich in der Schule einen ‚Fleck‘, dann sagte er mir nur, dass ich das eben das nächste Mal nicht mehr machen solle. Und zu meinem höchst aufgeregten Vater sofort einigermaßen ernsthaft: ‚Er wird’s schon machen, dein Bub, er wird’s schon machen‘. Unvergessen auch die Aufenthalte am Meer mit ihm. In der Kvarner-Bucht lernte er mir das Schwimmen“.  

Pater Thomas von Kremsmünster(1923-1998):

Sammlung Oberegger.

 

Pater Thomas Eckerstorfer(OSB) und der Ende der 1970er-Jahre noch höchst bescheiden ausgeprägte Jubilar(li.) nach dem gem. Mittagsmahl an der Bar des „Hotel Splendid“ in Lovran(Republik Kroatien/Jugoslawien):

Copyright: Cornelia Oberegger.

Oberegger nennt dieses doch ziemlich bemerkenswerte Bild - welches heute in seiner Wohnung einen Ehrenplatz hat – „AT HARBOUR’S“: Sein Onkel wäre – besonders am Meer – in der Tat so eine Art „Alter See-Bär“ gewesen, der ihn - den „Knaben“(so nannte er ihn immer) – langsam in die „Welt des Geistes“ einführte. Die Wiederbelebung der alten Kirche von St. Blasien(b. Pfarrkirchen/OÖ) war das Lebenswerk von Pater Thomas. Bis heute ist es höchst erfolgreich! In seiner Stube im Mesner-Häusl nebenan waren Herr LH Gleissner und Herr LH Wenzel sehr oft liebe Gäste. 

Während seines späteren Studiums in Salzburg lernte Oberegger im Zuge eines Vortrages namens „Soziologie und Geschichte des ‚Fahrenden Volkes‘“ den berühmten österreichischen Soziologen Univ.-Prof. Dr. Roland Girtler kennen.

Dieser Kontakt riss nie mehr ab – Oberegger war vor allem von Girtlers Fähigkeit fasziniert, die „sogenannte ‚Hohe Wissenschaft‘ mit einfachen und sympathischen Worten unters Volk zu bringen“.

Vor allem weist Oberegger darauf hin, dass Girtler in seiner wissenschaftlichen Frühphase ein großes und bedeutendes Theorie-Werk geschaffen hat:

„Die letztendliche Versöhnung der Theorie mit den Ohren des Volkes ist die größte Herausforderung für den Wissenschaftler. Diese Aufgabe ist höchst schwer. Ich kenne das mittlerweile längst aus eigener Erfahrung. Doch jeder echte Wissenschaftler muss sich dieser schweren Aufgabe stellen. Er muss es einfach tun! Denn ansonsten ist er kein Wissenschaftler, sondern nur ein unverständlicher Hexenmeister, ein Sozio-Chinese“.

Univ.-Prof. Dr. Roland Girtler 2010: An der Klagemauer in Jerusalem.

Copyright: Prof.Dr. Roland Girtler

Es war Prof.Girtler gewesen, welcher den Blick von LH Dr.Pühringer auf das eisenbahngeschichtliche Werk von Oberegger gelenkt hat. Am Festakt konnte er leider nicht teilnehmen, da er an der „Friedenslicht-Aktion OÖ“ beteiligt war. Im Zuge dieser Reise entstand auch das vorliegende Foto.

2001 gründete Oberegger nach dem Militärdienst in Hörsching und Linz-Ebelsberg gemeinsam mit dem Eisenbahn-Archivar ÖBB-Ass.Leopold K. Pernegger das „Info-Büro für österreichische Eisenbahngeschichte“.

Es war der „zunächst völlig verrückt erscheinende Versuch, für die österreichische Eisenbahngeschichte ein ganz neues Fundament zu schaffen. Pernegger war hier mit seinem reichhaltigen Archiv und seinem großen Wissen einer meiner größten Gönner“.

2004 übernahm Oberegger angesichts der immer größer werdenden gesundheitlichen Probleme von Pernegger die Leitung.

ÖBB-Ass. Leopold K.Pernegger 2004:

Copyright: Elmar Oberegger

Am Gipfel des Ucka in Kroatien/Jugoslawien .

2006 wurde Oberegger eingeladen, an der legendären oberösterreichischen Landesausstellung „Kohle & Dampf“ mitzuwirken:

„Eigentlich wollte es nur der Zufall, dass ich am Ende gleich zwei Beiträge für den Ausstellungs-Katalog schreiben durfte. Aber ich war eben nach Jahren der Forschung dazu vollständig in der Lage. Man war eigentlich sehr froh darüber. So verrückt erschien mir sodann das Projekt dieses ‚Info-Büros‘ gar nicht mehr“.

Ebenfalls 2006 hielt er gemeinsam mit Prof. Girtler an der Universität Wien das legendäre Seminar „Soziologie des Transports“:

„Da kamen wirklich sehr gute und interessante Arbeiten heraus – in Erinnerung ist mir besonders diese Arbeit zu Geschichte und Soziologie des Brieftaubenwesens. Man sollte diese Technik heute nicht geringschätzen! Schon für die alten Ägypter war das hochwichtig! Dort im Seminar waren wirklich viele hochinteressierte und engagierte Leute“.

Im Frühjahr 2007 nahm sich Leopold K. Pernegger das Leben:

Im Bahnhof Bad Schallerbach an der „Passauer Strecke“ stellte er sich plötzlich vor den ICE in Richtung Hamburg – Ein traumatisches Ereignis für alle Beteiligten:

„Mein Freund Pernegger war wohl schon länger irgendwie nervenkrank, und er soff schließlich wie so ein übler ‚Rock-Star‘ à la Ozzy Osbourne. Und es war über die Jahre immer schlimmer geworden. Er war so ein gescheiter Mensch mit so großem Horizont! Mehrere Sprachen hat er sich selbst beigebracht! Am Schluss aber nur noch verwirrt und teils sogar böse gegen mich. Niemand konnte ihm offenbar mehr helfen! Selbst jedes freundschaftliche Gespräch erschien plötzlich als völlig unnütz! Die geringste Hilfe aller Hilfen war in dieser Sache allerdings dieses ‚Welser Narrenhaus‘. Ich gebrauche für diese wirklich üble Institution seit dem Selbstmord vom Pernegger keinen anderen Namen!“

2007 begann Obereggers Publikationstätigkeit im Eigenverlag:

„Wie es in unserer heutigen Welt halt so ist – Kapitalistische Massenproduktion kann nicht alle Bedürfnisse befriedigen.  Es bleiben eben gewisse Spezialbedürfnisse übrig, bzw. erhalten. Das finde ich im Grunde positiv. Diese zu befriedigen ist eine sehr schöne Aufgabe. Ich habe heute zumindest einen gewissen persönlichen Bezug zu meinen Lesern. Ein ‚Best-Seller-Autor‘ hat dieses Gefühl gar nicht mehr! Irgendwie komme ich mir manchmal vor wie Wittgenstein, der ja sagte: ‚Eigentlich schreibe ich nur für ein paar Freunde – verstreut in den Winkeln der Welt‘. Und das ist schön: Zu wissen, dass man gelesen wird. Ein Bestseller-Autor kann das ja nicht behaupten. Er wird gekauft, nur selten aber gelesen – So meine Meinung!“

2008 hielt Oberegger im Zuge des internationalen Kongresses „Luigi Negrelli(1799-1858) a 150 anni dalla morte“(Merano/Meran) den Vortrag „Zur Bedeutung Negrellis im Kontext der österreichischen Eisenbahngeschichte“.

Im selben Jahr erschien auch seine Arbeit „Grundlinien der Eisenbahngeschichte Oberösterreichs: 1827-2008“, welche auf dem Titelbild die alte Trasse der Budweiser Pferdeeisenbahn direkt nach ihrem Übertritt auf oberösterreichisches Gebiet zeigt. „Noch nie wurde der historische Ursprung des oberösterreichischen Eisenbahnwesens in derartiger Klarheit aufgezeigt“, ist sich Oberegger sicher. „Wenn es um ‚Eisenbahn‘ geht, dann will die große Mehrheit heute vor allem Dampflokomotiven sehen. Mir aber geht es in erster Linie um die historischen Strukturen. Natürlich bin auch ich dem Zauber des Dampfrosses verfallen. Aber ebenso fasziniert mich das Pferdeeisenbahn-Museum in Kerschbaum, wo heute großartige Pferde-Eisenbahn-Fahrten angeboten werden“.

Diese 2008 erschienene „Eisenbahngeschichte Oberösterreichs“ reichte in manchen Themenbereichen weit über das bisherige Standardwerk, allgemein genannt „Der Aschauer“, hinaus.

Seine bisherige eisenbahnhistorische Arbeit resumiert Oberegger wie folgt:

„Offenbar bin ich halt so ein Reiter, der mit gefletschten Zähnen in der Steppe wild vorstürmt und dort und da immer wieder hölzerne Siedlungen hinterlässt – in der Hoffnung, dass daraus einmal ‚Solide Städte aus Stein‘ werden. Fast alle meine Publikationen sind eigentlich nur Grundlagen für die zukünftige Forschung. Ich hoffe, dass diese stattfinden wird! Eine größere Präsenz der ‚Eisenbahngeschichte‘ an den österreichischen Universitäten wäre wünschenswert. Ich bin im Grunde so eine Art Winkelried, also so nach dem eher schlichten Muster ‚Der Freiheit eine Gasse!‘“.

Nepotismus?

Copyright: Elmar Oberegger

Oberegger mit seinem Neffen Christoph nach dem Festakt.

Der größte Wunsch Obereggers für die Zukunft ist:

„Meine Eisenbahngeschichte Oberösterreichs von 2008 gemeinsam mit einem kompetenten Team noch so weit vervollständigen zu können, dass daraus ein respektables Handbuch entsteht – Ein Nachschlagewerk für die zukünftigen Generationen“.

Dieser Wunsch möge erfüllt werden!

Dr. Oberegger und seine Freunde im Landhaus:

Copyright: Land OÖ

Untere Reihe v.l.n.r.: Dir.Erika ZEHETNER(Linz), Prof.Mag. Cornelia OBEREGGER(Linz), Christoph OBEREGGER(Linz), Kons.Dr. OBEREGGER, Landeshauptmann Dr. Josef PÜHRINGER(Linz), Gem.Sekr. i.R. Otto OBEREGGER(Sattledt), Maximilian ZEHETNER(Vöcklabruck).

Obere Reihe v.l.n.r.: Dir.Ferdinand ZEHETNER(Linz), Dr.Thomas BUCHNER(Universität WIEN), Univ.-Lekt.Dr. Michael Alexander POPULORUM(Universität Salzburg), Bundesrat Gottfried KNEIFEL(Enns/Wien), Ing. Walter BRUMMER(Sattledt), Bgm.Ing. Gerhard HUBER(Sattledt), Christa ZEHETNER(Vöcklabruck).

Die Urkunde:

 

Copyright: Levanda Motta 2010.