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DIE „NIEDERSTRASSER –BAHN“(1850-1877):

Erste Eisenbahn von Attnang-Puchheim.

 
 
 

Nicht wenige Leute sind heutzutage der Meinung, dass die 1860 eröffnete „Westbahn“ von Wien nach Salzburg die „Erste Eisenbahn“ von Attnang-Puchheim darstellen würde. Doch dies ist falsch: Schon 10 Jahre zuvor wurde die sogenannte „Niederstrasser-Bahn“ dem Verkehr übergeben. Somit könnte man also heuer das Jubiläum „160 Jahre Eisenbahn in Attnang-Puchheim“ feiern.

Diese Bahn „Thomasroith-Niederstraß/Attnang“(so bei Aschauer, S. 29) wurde von der „Traunthaler Steinkohlen-Gewerkschaft“ hergestellt und diente ausschließlich dem Kohletransport. Der Bau begann 1848, die Eröffnung erfolgte 1850.

Der Verlauf:

Copyright: Elmar Oberegger

Nach der Eröffnung der Westbahn(1860) wurde der Bahnhofsstandort Attnang zum Schmalspur/Normalspur-Terminal.

Die Strecke war ca. 13 Kilometer lang und besaß dieselbe Spurweite wie die Budweiser Pferdeeisenbahn, nämlich 1106mm. Sie war in südlicher Richtung durchgängig im Gefälle angelegt(Höchstes Gefälle ca. 40 Promill). Somit konnten die Züge vom Thomasroither Kohlenrevier bis Attnang(erst seit 1912 „Attnang-Puchheim“) ganz ohne Kraftquelle auskommen. Diese wurde erst für den Rückweg benötigt und bestand bis 1870 aus Pferden und Ochsen, seit diesem Jahr jedoch aus Dampf-Lokomotiven.

Allgemeine Skizze zum Beförderungsprinzip auf der Niederstrasser-Bahn:

Copyright: Elmar Oberegger

Bergab war also der Bremser gefordert, bergauf der Tier- bzw. Lokführer.

Obiges Beförderungsprinzip war in England erfunden worden. Bei Weigelt(S. 18) finden wir dazu folgende bildliche Darstellung: Die vollen Kohlewaggons rollen einzeln vom Bergwerk herab, das hinten angebundene Pferd stapft hinterher; die leeren Waggons werden sodann vom Pferd wieder zum Ausgangspunkt zurückgezogen. Der Zielpunkt der Kohle ist ein Terminal. In diesem Falle wird die Kohle auf einem Fluss per Schiff weiterbefördert.

Im vorliegenden Fall war der Terminal jedoch der Kohlenbahnhof Attnang-Niederstraß, welcher günstig an der Reichsstraße Wien-Salzburg lag, und damit an einer strukturell wichtigen Verkehrsader. Dort wurde die Kohle von der Eisenbahn auf Straßenfuhrwerke umgeladen. Bedeutender wurde aber in der Folge die Verbindung nach Gmunden. Dort wurde die Kohle auf Schiffe verladen und sodann über den Traunsee geführt. Von Ebensee aus gelangte sie sodann endlich in die Salinen.

Wenn man annimmt, dass ein voller Kohlewaggon ca. 2,5 Tonnen wog(s.d. Enderes, S. 39), dann ist davon auszugehen, dass 1852(Gesamtausbeute 33.600 t Kohle) ca. 2,5 Züge(1 Zug=15 Waggons) täglich von Thomasroith zum Terminal Attnang-Niederstraß hinunterrollten. Somit ist also von einem Gesamtaufkommen von ca. 5 Zügen(2,5 davon leer!) pro Tag auszugehen. Doch rasch kam es zu einer Verdopplung der Gesamtausbeute(s. Aschauer, 30), das tägliche Zugaufkommen stieg somit auf ca. 10 Züge an. Dieser Wert ist durchaus beachtlich.

Schon im Eröffnungsjahr 1850 hatte der Plan bestanden, die Bahn bis Lambach(Anschluss an die Budweiser Pferdeeisenbahn) zu verlängern. Doch daraus wurde nichts, ebensowenig wie aus dem Bauvorhaben Attnang-Schwanenstadt-Agerufer(Privilegium v. 31.08.1853) - Das „Grosse Westbahn-Projekt“(Wien-Linz-Lambach-Schwanenstadt-Attnang-Salzburg) warf bereits seine Schatten voraus!

Nach Herstellung der Westbahn(1860), für welche in Attnang natürlich ein eigener Bahnhof errichtet worden war, wurde der „Bahnhofsstandort Attnang“ nun zum Normalspur/Schmalspur-Kohle-Terminal(s.d. obige Karte).

Diese Struktur hielt sich immerhin ungefähr 17 Jahre: 1877 jedoch wurde die große Strecke Schärding-Attnang-Stainach der Rudolfsbahn-Gesellschaft dem Verkehr übergeben. Diese hatte u.a. die Funktion, die Kohle zu den Salinen zu bringen und das Salz von dort wegzuschaffen. Vor dem Hintergrund ihrer Errichtung wurde die Niederstrasser-Bahn umgebaut und im Bereich Thomasroith-Ost gänzlich aufgelassen. Für den Kohlentransport wurde allerdings im Gegenzug die Zweigbahn Holzleithen-Thomasroith hergestellt.

Der Verlauf der alten Bahn im Bereich Thomasroith-Ost:

Copyright: Elmar Oberegger

 

Die neue Struktur ab 1877:

Copyright: Elmar Oberegger

Die „Holzleithener Zweigbahn“ war auch für den Personenverkehr zugelassen; 1932 wurde dieser jedoch eingestellt. 1935 folgte der Güterverkehr, 1938 wurde die Strecke schließlich aufgelassen und abgetragen. Das alte Bahnhofsgebäude von Thomasroith existiert übrigens noch und wird derzeit als Wohnhaus genutzt.

Im Jahre 1968 wurde der Kohleabbau in Thomasroith schließlich aufgegeben.

Nüchtern und sachlich: Im Inneren der „Thomasroither Barbarakapelle“, dem Tempel der Bergarbeiter.

Copyright: Elmar Oberegger

In Thomasroith befindet sich die einzige(!) Barbarakapelle Oberösterreichs.

 

Grubenlok im (vorbildlich gestalteten) „Freiluftmuseum Thomasroith“.

Copyright: Elmar Oberegger

 

Quellen:

ASCHAUER Franz: Oberösterreichs Eisenbahnen. -Wels 1964.

ENDERES Bruno: Die Holz- und Eisenbahn Budweis-Linz. –Berlin 1926(Hier: Nachdruck 2007).

FREILICHTMUSEUM THOMASROITH.

STARKE Karl: Die Entwicklung der Bergarbeiterkolonie Thomasroith. In: Kohle und Dampf. Katalog zur oö.Landesausstellung 06. –Linz 2006, S. 103 ff.

WEIGELT Horst: Epochen der Eisenbahngeschichte. –Darmstadt 1985.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2010.