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MEISTER UDIMAC ÜBER SEINE BRÜDER IN USA

 

„Arbeit macht das Leben süß“

(Gottlob W. Burmann)

 

Schrill und laut – also fast in einem Umkreis von 20 Kilometern zu vernehmen, möchte man fast schon sagen – erklang stets die Türglocke im Bäckerladen vom aus Altenmarkt/Oberbay stammenden Meisters Udimac, wenn er von einem Kunden betreten wurde.

Und sofort taumelte der Chef – schlaftrunken und mit verschwollenen Augen – aus dem an den Geschäftsbereich sich anschließenden Aufenthaltsraum hervor und sagte ein freundliches „Bitt‘schön“. Tadellos weißer Mantel, das brünette Haar lockig, der stets freundlich lächelnde Mund von einem Bärtchen umwuchert.

Fast die ganze Nacht gebacken, seine Frau fuhr sodann in weitem Umkreis das Brot aus, zusätzlichen Mitarbeiter wollte oder konnte man sich nicht leisten, und so oblag es dem Chef, fast den ganzen Tag das Geschäft zu betreuen. Und in den kundenlosen Phasen lag er eben zwecks körperlicher Regeneration im Aufenthaltsraum auf der dortigen Eckbank und schlief. Bis dann eben die laute Türglocke Kundschaft ankündigte.

Kam seine Frau früher nach Hause, dann machte er öfters einen Sprung über die Straße, hinüber zu „Harrys Pub“, auf einen guten Schluck Bier und um mit dem Inhaber ein wenig übers Leben zu reden. So wie auch an diesem Tag.

Meister Udimac nahm einen tiefen Schluck und bemerkte in Wirtshauslautstärke, dass das Leben keineswegs leicht sei, außer man mache es sich leicht, so wie seine Brüder in USA:

Diese würden im Wohnmobil leben, und ihr Geld – steuerfrei! – als Allround-Techniker bei gealterten Witwen – mit oder ohne Blauspülung, braun, schwarz, blond, rot etc. – verdienen. Ihr Kundenstock sei über die ganzen USA verstreut. Diese Frauen seien immer sooo froh, wenn sie ihren Besuch ankündigten. Eine Woche lang würde man im jeweiligen Haus bleiben, und dann weiterziehen.

Aus Baltimore etwa kommend, hinauf zum Big Apple, den Hudson entlang bis zu den Seen, Chicago, Iowa, Florida, Memphis, Mittelwest, über den Donner nach California, von dort aus Arizona, Texas, Oregon dann, Washington, Utah, New Mexico undsoweiter…

„Ja, und was machen die denn da genau bei diesen Witwen“?, warf ein Schöngeist - sein PKW trug ein Wiener Nummernschild – ein, und senkte dann seine Zeitung höheren Niveaus ab. Da Sattledt ein Autobahnknoten ist, war es sozusagen schon immer die Regel, dass Reisende dort Station machten, um sich ein wenig zu erholen. Der Fremde setzte sogleich grinsend fort:

„Sie kümmern sich um das Innenleben, sie widmen sich dem Gärtchen, sie spielen Panflöte und geben Panflöten-Unterricht, sie säen – wenn auch nur symbolisch – im Garten was aus – N’est-ce-pas“?

„Nespa“? „Pon“, „Pan“, „Pohn“, „Morzipon“, „Marzipan“, und Meister Udimac schaute den Fremden entgeistert an…

Der Wiener lachte.

„Jo Himmiherrschoft“, stieß der bajuwarische Simple Mind-Man plötzlich aus, „Sche redn‘ tan’s mit de z’erscht hoit, t’Haund‘ auflegn‘, daunn bläschln‘, Brunzbuschen entlausen, fotzdudeln, Blosmusik, daunn bimpern, daunn wieda bläschln‘ und daunn wieda sche redn‘, eana sogn‘, dass‘ so sche woar und se so sche san“.

Der Rasen würde nur pro forma gemäht, ebenso würden die Dachrinnen nur pro forma durchgeputzt undsoweiter…

Und „Dei‘“ könnten dann sagen, dass das sooo brave Techniker seien, die armen Frauen um wenig Geld immer wieder helfen. Und das würden die auch ganz offen tun, so z.B. beim Pfarrkaffee, und niemand würde sie anklagen oder stigmatisieren –

„Ebn‘ drum, is des Sistem jo so toll, kloa“?

Er, Udimac, aber würde fast jede Nacht in der Backstube stehen, arbeite hart und viel, was ja – wie es aussieht – allein seiner grenzenlosen Dummheit zuzuschreiben sei.

Dann prostete er allen Anwesenden noch einmal zu, leerte sein Glas in einem Zug, bezahlte, klopfte auf den Tresen, erhob sich und rief: „Oiso pfiat‘ Eich nocha“!

Dann kehrte er in sein Geschäft zurück, um dort wieder die halbe Nacht zu backen.