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II: Zur allgemeinen Strukturgeschichte(Salzburg als Gebirgsland, Netzdichte, Netzstatistik, die „Erste Lokalbahn“ etc.).

 

Salzburg ist bekanntlich ein Gebirgsland. Nur im Norden finden wir eine Hügelzone vor, welche sich sodann in Richtung Nordwest abzuflachen beginnt. Entsprechend gestalteten sich die Herausforderungen für den Eisenbahnbau - Der weitaus überwiegende Teil der Salzburger Bahnen sind klassische Gebirgsbahnen.

Die ungünstige Lage der Hauptstadt und das Gebirge führten dazu, daß sich das Salzburger Eisenbahnnetz nicht sternförmig und flächendeckend entwickeln konnte. Somit war es nicht in der Lage, alle Landesteile befriedigend zu erschließen.

Das Salzburger Eisenbahnnetz um 1914:

Copyright: Elmar Oberegger

 

Die Netzdichte Salzburgs war um 1914 im Vergleich höchst unterentwickelt: Sogar die Bukowina - innerhalb der Monarchie bekanntlich der „A. der Welt“ - war dichter erschlossen; wenngleich nur geringfügig.

Die österr. Länder mit über-durchschnittlicher Netzdichte(um 1914):

Aus: E.Oberegger, Allgemeine analytische Betrachtung der Eisenbahnnetze der österr. Länder um 1914, Sattledt 2010, 7.

 

Die österr. Länder mit unter-durchschnittlicher Netzdichte(um 1914): Dazu gehörte Salzburg!

Aus: E.Oberegger, Allgemeine analytische Betrachtung der Eisenbahnnetze der österr. Länder um 1914, Sattledt 2010, 7 f.

 

Der Lungau war im Zeitalter der Eisenbahn das größte Sorgenkind hinsichtlich Erschließung.

Die regional heiß ersehnte Linie Radstadt-Untertauern-Tweng-Mauterndorf - übrigens schon vor 1900 eine offizielle „Tauernbahn-Variante“ - wurde nie errichtet.(1) Dafür kam in der Folge die Autobahn...

Sorgenkind Lungau: Die Murtalbahn zur Zeit ihrer größten Ausdehnung und die Verlängerungs-Varianten.

Copyright: Elmar Oberegger

 

Die Gebirgigkeit des Landes und ferner der politisch-wirtschaftliche Kontext führten dazu, daß es im Vergleich unterentwickelt blieb und somit fast keine Ressourcen für einen „Bahnbau aus eigener Kraft“(= endogener Bahnbau), also v.a. den Lokalbahnbau, zur Verfügung standen.

Jene Bahnen, welche in der ersten Zeit hergestellt wurden, waren in der Regel „exogen“ strukturiert, d.h. sie durchquerten Salzburger Gebiet nur vor dem Hintergrund eines größeren Interesses, nämlich des (staatlichen) „Transit-Interesses“.

Betrachten wir u.a. dazu die Statistik zum Netzwachstum in Salzburg von 1860 bis 1910:

Netzwachstum im Land Salzburg 1860-1910(inkl. Der „Stadt-Strecken“ der Lokalbahn):

Diese Statistik enthält teilweise Schätzwerte!

 

Allgemein ist dazu festzustellen:

a)     Grundsätzlich: Während der „Ersten Privatbahnphase“ von ca. 1824 bis 1841 fand gar kein Bahnbau statt.(2)

b)    Auch während der „Ersten Staatsbahn-Phase(1841-1854)“ finden wir noch keine Aktivität vor.

c)    Erst 1860 wurde im Kontext der „Zweiten Privatbahnphase“ die erste Eisenbahn(= „Westbahn“) eröffnet.

d)    Gut zehn Jahre nach der Eröffnung der „Westbahn“(1860) herrschte noch immer Stagnation vor.

e)     Bis 1880 war der exogene Bahnbau dominant(„Salzburg-Tiroler-Bahn“, 1875).

f)      1880: Das „Erste österreichische Lokalbahngesetz“ - welches die private Initiative maßgeblich förderte - wird erlassen.(3) Die Folgen für Salzburg waren allerdings höchst bescheiden.

g)    1880: „Zweite Staatsbahnphase“ beginnt. Sie soll bis 1918 dauern, blieb aber für Salzburg vorerst ohne Folgen.

h)    1890-1900: Erst jetzt begann in Salzburg die „Klassische Lokalbahn-Phase“, begünstigt sicherlich durch das „Lokalbahngesetz von 1887“, welches die Verwendung der billigen 76cm-Spur(engere Kurven, weniger Tunnels u.a.) erlaubte.

i)       1900-1910: 1909 wurde die staatliche Tauernbahn eröffnet. Klassischer exogener Bahnbau. Darauf ist also das Netzwachstum zwischen 1900 und 1910 zurückzuführen.

j)       Zusammenfassend: Der „Exogene Bahnbau“ war in der Tat historisch weitaus einflußreicher als der „Endogene Bahnbau“.

 

Die erste Eisenbahnlinie, welche das Salzburger Land betrat, war - wie bereits eingangs gesagt - die „Westbahn“(1860), welche von der „k.k.priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft“ errichtet wurde.(4)

Das Gesamtnetz der privaten Elisabethbahn-Gesellschaft:

Copyright: Elmar Oberegger

 

Westbahn: Hallwang-Elixhausen.

Copyright: Elmar Oberegger

 

Die Stadt Salzburg soll in der Folge - wie viele andere Städte der Donaumonarchie - nie zum vollständigen Transitknoten werden. Linz gelang es übrigens erst 1906(!) durch die Eröffnung der Pyhrnbahn diesen Status zu erlangen. Zwar existierte für Salzburg seit 1909 die Tauernbahn, doch der direkte Verkehr in Richtung Böhmen wurde via Freilassing (und sodann Regensburg) geleitet.(5) Besonders seit dem Zerfall der Monarchie ist dieser nördliche Verkehrsweg äußerst unbedeutend geworden.

Die Westbahn wurde im Salzburger Bereich bis 1902, das Streckenstück Salzburg-Grenze gg. Freilassing bereits 1901 zweigleisig ausgebaut.(6) Der dreigleisige Ausbau bis zur Grenze gg. Freilassing befindet sich seit 2005 in der Umsetzung. Den Hintergrund bildet das „Salzburger S-Bahn-System“(s.u.).

Auch die Elektrifizierung erfolgte nicht gleichzeitig: Das Teilstück Salzburg-Grenze gg. Freilassing war bereits 1914 elektrifiziert, die Reststrecke bis zum Ederbauer jedoch erst bis 1940(Abschnitt Salzburg - Attnang-Puchheim).(7)

Die 1875 eröffnete „Salzburg-Tiroler-Bahn“(Salzburg-Bischofshofen-Zell am See-Landesgrenze bei Hochfilzen/Landesgrenze bei Mandling) wurde bis 1915 zweigleisig ausgebaut und bis 1930 elektrifiziert.

Salzburg-Tiroler-Bahn: Im Salzachtal westlich von Schwarzach-St.Veit.

Copyright: Elmar Oberegger

 

Deren „Selzthaler Zweig“(Bischofshofen-Radstadt-Landesgrenze) stellt die am wenigsten entwickelte Hauptbahn Salzburgs dar. Sie ist noch immer eingleisig und von Kurven und Steigungen gekennzeichnet. Die Elektrifizierung im Salzburger Bereich fand bis 1958 ihren Abschluß. Die Bedeutung der Bahn ist für die Steiermark enorm, stellt sie doch das direkteste Bindeglied zu Westeuropa dar. Ein grundlegender Ausbau ist vorerst aber nicht in Planung.

Verbindung Bischofshofen-Mandling Grenze-Selzthal: Trasse bei Radstadt.

Copyright: Elmar Oberegger

 

Der durchgängige zweigleisige Ausbau der Tauernbahn(1909) zieht sich schon seit Jahrzehnten hin und bedeutet nichts als eine „Via Dolorosa“ für die Salzburger Eisenbahngeschichte. Zuletzt(2005) wurde oberhalb von Schwarzach-St.Veit ein zweigleisiges Teilstück eröffnet. Wie es in der nächsten Zukunft konkret weitergehen wird, weiß heute noch niemand. Die Elektrifizierung im Salzburger Bereich wurde bereits bis 1933 erledigt.

 

Tauernbahn: Der TEE „Blauer Enzian“ im Bf. Badgastein (um 1969).

Aus: Nachrichtenblatt der Generaldirektion der österreichischen Bundesbahnen 7/69, 13.

TEE = „Trans Europ-Express“, Vorläufer des EuroCity.

 

Nun wollen wir uns kurz dem Lokalbahnwesen in Salzburg zuwenden:

Welche Bahn darf eigentlich historisch für sich in Anspruch nehmen, die erste „Lokalbahn“ des Landes zu sein?

Zu dieser Frage muß man zunächst wissen, daß die Definition des Begriffes „Lokalbahn“ relativ schwierig ist.(8)

Bezüglich der folgenden Struktur-Merkmale scheint allerdings Konsens zu bestehen:

a)     Eine Lokalbahn zweigt von einer Hauptstrecke ab und ist dieser...

b)    ...technisch unterlegen(bes. Kurvenradien, Bahnhöfe).

Dazu tritt allerdings auch noch die juristische Definition. „Lokalbahnen“ wurden in Österreich erst mit Inkrafttreten des „Spezial-Gesetzes von 1880“ explizit zugelassen. Weitere Gesetze folgten.

1880 war die „Normalspur“ die absolute österreichische Norm im Lokalbahnbereich, ab 1887 wurde auch die Schmalspur zugelassen. Bedeutend wurde in der Folge vor allem die 76cm-Spur, durch die Bosnien-Herzegowina(1878 noch „Okkupationsgebiet“, seit 1908 „Reichsland“) vorwiegend erschlossen wurde. Dieses „Ablassen von der Normalspur“(1887) dürfte - besonders im heutigen Rückblick - vorwiegend damit erklärbar sein, daß man für den „Serbischen Kriegsfall“ Fahrpark-Reserven im Hinterland zur Verfügung haben wollte. In der Tat sollte so manche 76cm-Lokomotive nach dem Ersten Weltkrieg nie wieder ins Heimatland zurückkehren.

Für das österreichische Kernland jedoch bedeutete - wie oben bereits gesagt - die Zulassung der 76cm-Spur einen billigen Bahnbau(engere Kurven, damit Vermeidung von Tunnels).

Welche Bahn stellte nun also die „Erste Lokalbahn Salzburgs“ dar? 

Die bis 1871 errichtete „Salzburg-Halleiner-Bahn“ war zwar die erste „Zweiglinie“ auf Salzburger Territorium, kann aber historisch nicht als „echte Lokalbahn“ betrachtet werden, war ihr Zweck doch schon immer einem größeren Transit-Interesse(v.a. Anschluß i.R. Innsbruck) untergeordnet. Dazu noch später.

Aus der alten, ursprünglich eingleisigen „Halleiner-Bahn“ ist mittlerweile eine Linie von großer transitärer(Salzburg-Villach/Innsbruck) und regionaler Bedeutung(„Salzburger S-Bahn“, seit 2004 i. Aufbau) geworden:

Copyright: Elmar Oberegger

S-Bahn-Zug in Puch-Urstein(2009).

 

1873 wurde die sogenannte „Braunau-Straßwalchener-Bahn“ von Steindorf bis Braunau am Inn eröffnet. Nur zu höchst geringem Teil(ca. 3 Kilometer) verläuft sie auf Salzburger Territorium.

Doch auch deren Bedeutung wurde ursprünglich(1864) höher veranschlagt: Sie sollte einst via Mondsee, Bad Ischl und Selzthal bis Bruck a.d. Mur verlängert werden, also eigentlich eine „Hauptbahn“ darstellen.(Dazu später) Dies geschah jedoch nie. So lebte sie fortan als „Überrest“ eines großen Projektes fort und besaß eben nur lokalbahnmäßige Bedeutung. Aus rein struktur-historischer Perspektive könnte man also diese Bahn (im Bereich Steindorf-Landesgrenze) als „Erste Lokalbahn Salzburgs“ betrachten.

Gemäß des obengenannten Gesetzes von 1880 ist jedoch ganz eindeutig die Linie „Salzburg-Äußerer Stein-Drachenloch Staatsgrenze“(1886) als erste Lokalbahn des Landes Salzburg zu betrachten. Diese bezog auch Salzburger Stadtgebiet ein.

Der „Lokalbahnbau“ kam in Salzburg - wie oben bereits bemerkt - erst relativ spät in Schwung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden sodann mehrere Bahnstrecken wieder aufgelassen. Ganz besonders traurig war der Rückbau der „Ischler-Bahn“. Zur Auflassung der schönste Aussichten bietenden „Gaisberg-Bahn“ war es bereits in der Zeit der Ersten Republik gekommen. Nur der „Trimmelkamer Zweig“ der „Salzburger Lokalbahn“ wurde bis 1951 neu errichtet und ein Jahr später für den Personenverkehr freigegeben. Von Bürmoos bis zur Landesgrenze verläuft er auf Salzburger Territorium.

Das heutige Salzburger Netz incl. Planungen:

Copyright: Elmar Oberegger

 

Die einzelnen Strecken, welche seit dem Erlaß des „Lokalbahngesetzes von 1880“ errichtet worden sind, wurden in einem gesonderten Verzeichnis zusammengefaßt.(s.d.)

 

Anmerkungen:

1)    Vgl. dazu die Art. „Murtal-Bahn“ und „Tauern-Bahn“ in der Enzyklopädie der Eisenbahnen des Alpen-Donau-Adria-Raumes. - Internet 2006 ff.

2)    Siehe zu den Entwicklungsphasen des österreichischen Eisenbahnnetzes Elmar OBEREGGER: Die Entwicklungsphasen des österreichischen Eisenbahnnetzes. 1808-1918. -Sattledt 2008.

3)    Siehe zu Geschichte und Struktur der (österreichischen) Lokalbahnen sowie zu den einzelnen Spezialgesetzen v.a. den Art. „Lokalbahnen“. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Hrsg. v. Victor RÖLL. -Berlin/Wien 1912 ff.

4)    Vgl. zur Geschichte der Elisabethbahn-Gesellschaft Elmar OBEREGGER: Zur Geschichte der „Kaiserin Elisabeth-Bahn“. Budweis/Passau/Simbach am Inn/Wörgl-Amstetten-St. Pölten-Wien Westbahnhof. -Sattledt 2007.

5)    Vgl. Elmar OBEREGGER: 100 Jahre Transalpina. Pyhrnbahn, Karawankenbahn, Wocheinerbahn, Karstbahn(1906/2006) und Tauernbahn(1909/2009). -Sattledt 2009, S. 2.

6)    Vgl. zum Zweigleis-Ausbau etwa OBEREGGER, Elisabethbahn a.a.O., S. 5 ff.

7)    Vgl. zum Problem der Elektrifizierung Elmar OBEREGGER: Zur Geschichte der Elektrifizierung des österr. Eisenbahnnetzes. Ein Überblick. -Sattledt 2009, bes. den chronologischen Anhang S. 10 ff.

8)    Siehe dazu grundlegend den Art. „Lokalbahnen“ a.a.O.; ferner die Ausführungen in Elmar OBEREGGER: Grundlinien der Eisenbahngeschichte Oberösterreichs. 1827-2008. –Sattledt 2008, S. 37 ff.

 

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