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IV: Die Halleiner Sudöfen und die Eisenbahn - Von der „Halleiner-Bahn“ zur „Salzburg-Tiroler-Bahn“(ca. 1871-1875).

 

Bereits innerhalb der „Ersten Staatsbahnphase“(1841-1854) war die Errichtung einer Salzburger Südlinie erwogen worden.(1) Auch im ersten, durchaus interpretationswürdigen österreichisch-bayerischen „Eisenbahn-Staatsvertrag“ von 1851(s.o.) tauchte dieses Thema auf. Salzburg war unbestrittenermaßen das „Tor zum Westen“, Tirol konnte via österreichisches Territorium nur über sein Gebiet erreicht werden. Doch das Problem wurde zurückgestellt. 1860 bestand sodann bereits die Möglichkeit, via Rosenheim in Bayern von Wien bis Innsbruck zu gelangen. Dies soll den Bahnbau durch das südliche Salzburg verzögern.

Wichtig war die „Südlinie“ aber nicht nur für den Transit, sondern auch bezüglich der Förderung der regionalen Wirtschaftsverhältnisse. Die Sudöfen der Salz-Produktionsstätte Hallein - bzw. eigentlich die Beheizung derselben - sollen diesbezüglich in der Folge einen gewichtigen Zankapfel bilden.(2)

Die Bemühungen des Ing. Julius Kitzler, 1863 die Konzession für eine Bahn „Salzburg-Hallein-Golling“ zu erlangen, gingen allerdings ins Leere. Der Staat erkannte dieses Projekt als zu begrenzt.

Hinsichtlich des Problems „Salzburger Südlinie“ muß man der Vollständigkeit halber auch an das 1864 aufgrund privater Initiative geäußerte Projekt „Braunau/I.-Steindorf-Mondsee-Bad Ischl-Selzthal-Bruck/M.“ erinnern(3), welches Salzburg den Weg nach Süden erschwert hätte.

Projekt „Braunau/I.-Steindorf-Bruck/M.“(1964):

Copyright: Elmar Oberegger

 

Der Staat stand diesem besonders aus transitären Gründen unfreundlich gegenüber. In der österreichischen Eisenbahnkarte von 1864 wurde es somit gar nicht verzeichnet. Dennoch wurde bis 1873 der Abschnitt Braunau/I.-Steindorf errichtet.(s.o.)

Historisch ist interessant, daß 1864 ebenfalls der regionale Entschluß fiel, Braunau/I. zum Bestandteil der „Wien-Münchener-Verbindung“ zu machen.(s.o.) Braunau am Inn sollte einst also zum respektablen Eisenbahnknoten werden. Doch dazu kam es letzten Endes nicht. Die einst angestrebte Verbindung Braunau/I.-Bruck/M. wurde nie hergestellt. Im Rückblick blieben nur Bruchstücke übrig:

a)     Braunau/I.-Steindorf(1873 eröffnet).

b)    Steindorf(oder Oberhofen)-Mondsee(Plan vor 1914).(s.o. Karte)

c)    Mondsee-Bad Ischl(= Teil der „Ischler-Bahn“/76cm, eröffnet 1891).

d)    Bad Ischl-Selzthal-Bruck a.d. Mur(= Verbindung bis 1877 hergestellt).

Am Ende wurde also Salzburg, und nicht Braunau/I. zum respektablen Eisenbahnknoten, wenngleich nie in vollständiger Form.(s.o.)

Zurück zum gescheiterten „Kitzler-Plan“(Salzburg-Golling) von 1863: Der Staat stellte 1864 in seinem Eisenbahnplan(s.o. Karte) offiziell fest, daß er an einer Linie Salzburg-Hallein-St. Johann/Pg.-Rattenberg(= Station der „Südbahngesellschaft“, von dort Anschluß nach Innsbruck) interessiert war.

Geplante Eisenbahnverbindung Salzburg-Innsbruck(1864):

Copyright: Elmar Oberegger

 

Anstatt von Rattenberg entschied man sich später für Wörgl als Anschlußpunkt an die Südbahn. Ferner soll Bischofshofen, und nicht St.Johann/Pg. zum Knoten werden.

Diesem Konzept folgte auch Handelsminister Bernhard von Wüllersdorf-Urbair in seinem 1866 erschienenen, legendär gewordenen „Eisenbahn-Memorandum“.(4) Allerdings mit dem Unterschied, daß er es um die Linie „St. Johann/Pg.-Radstadt-Rottenmann(Selzthal)“ erweiterte. Insofern ist er als „Vater der (späteren) Salzburg-Tiroler-Bahn“ zu bezeichnen; besonders aber als „Vater einer Direkt-Verbindung Graz-Westeuropa“.

Konzept einer „Salzburg-Tiroler-Bahn“ nach Wüllerstorf-Urbair(1866):

Copyright: Elmar Oberegger

 

Das „Reichsbahn-Konzept“ nach Wüllerstorf-Urbair(1866):

Copyright: Elmar Oberegger

 

Erst im Jahre 1867 trat das Handelsministerium mit der „k.k. priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft“ bezüglich eines Bahnbaues nach Hallein und weiter in den Süden und Westen in Kontakt. Und nun wurden die Halleiner Sudwerke zum echten Zankapfel.(s.o.) Zwei Konzepte standen sich unversöhnlich gegenüber:

a)     Die Elisabethbahn-Gesellschaft dachte aus ihrer Sicht ökonomisch, als sie vorschlug, die Sudöfen zukünftig mit Kohle zu beheizen. Diese würde von ihr herangebracht. Das fertige Salz werde sodann von ihr wegbefördert.

b)    Der Finanzminister jedoch bestand darauf, daß die Sudöfen weiterhin mit Holz aus dem „k.k. Staatsforst“ beheizt werden. Dies war eine sehr gute Einnahmequelle für den Staat. Allein das Salz sollte durch die Elisabethbahn wegbefördert werden.

Das Konzept des Finanzministers bedeutete für die Elisabethbahn allerdings die Inkaufnahme teurer „Leerfahrten“. Schließlich konnte man sich nicht einigen.

So wandte sich der Staat in der Folge einfach an den Bauunternehmer Baron Karl von Schwarz, welcher sich schon in ganz anderen Hinsichten als höchst nützlich erwiesen hatte.(s.o.) Eine weitere, schwere Niederlage für die Elisabethbahn-Gesellschaft! Er ging ohne Umschweife auf die staatliche Vorgabe ein. 1869 erhielt er die Konzession für eine „Salzburg-Halleiner-Bahn“.

Karl Freiherr von Schwarz(1817-1898):

Aus: F.Aschauer, Oberösterreichs Eisenbahnen, Wels 1964, Fotoanhang.

 

Dieser bedeutende, aus Mähren stammende Bauunternehmer hat der Stadt Salzburg durch die Beseitigung der alten Stadtmauer und der Regulierung der Salzach(Kaianlagen) ihre heutige Fassung verliehen. Der Eisenbahnbau war ihm keineswegs fremd, war er doch u.a. bereits in die Errichtung der „Westbahn“ involviert.

Interessant an dieser Konzession ist, daß der Staat offenbar sein großes transitäres Ziel, nämlich bis Tirol vorzustoßen, nicht aufgegeben hatte. Schon von Beginn an hatte sich Schwarz somit bezüglich seiner Bahn mit „Einlösungs-Bedingungen“ auseinanderzusetzen. Man hatte offenbar aus der Geschichte gelernt: Jene Probleme, welche um das „Privilegium Linz-Lambach“ entstanden waren(s.o.), sollten sich in Salzburg nicht wiederholen können. Die „Schwarz-Bahn“ war also von vorne herein nur als Provisorium gedacht. 1870 stimmte Schwarz diesen Einlösungs-Bedingungen schließlich zu und bekam dann erst die Konzessionsurkunde realiter ausgehändigt.

Schwarz war also im oben geschilderten Zusammenhang letzten Endes nichts Anderes als eine „Marionette Wiens“; und es ist davon auszugehen, daß ihm auch das irgendwie abgegolten wurde.

Eigentlich fügt sich dieser „Pakt mit Schwarz“ - konkret betrachtet - nicht in die allgemeine staatliche Eisenbahnpolitik während der Privatbahnzeit: Im Grunde wollte der Staat große, finanzkräftige und weitläufige Eisenbahngesellschaften. Damit sollten auch „Tarifliche Kleinkriege“ vermieden werden. Dazu schreibt der bedeutende österreichische Eisenbahnhistoriker Victor Röll 1915 allgemein:

„Die Regierung begünstigte ... die Bildung größerer Gesellschaftsunternehmungen durch Fusionierung neu zu gründender Privatunternehmungen mit kleineren und namentlich mit solchen Unternehmungen, die zwar konzessioniert wurden, aber an Geldmangel zu scheitern drohten“(5).

Die neue „Schwarz-Bahn“ bzw. „Salzburg-Halleiner-Bahn“ wurde am 15. Juli 1871 eröffnet. Den Betrieb besorgte interessanterweise die „Elisabethbahn-Gesellschaft“. In Hallein wurde weiterhin „k.k. Staatsholz“ verfeuert.

Linie Salzburg-Hallein: Nachts am Bf. Salzburg-Gnigl(1971).

Aus: Die ÖBB in Wort und Bild 9/71, 47.

 

Schwarz wurde vom Staat aber noch weiter instrumentalisiert: Schon 1870 erhielt er die Vorkonzession für die Strecken Hallein-Bischofshofen-Wörgl/Selzthal. Man sprach diesbezüglich in der Folge offiziell sogar schon von einer neu zu gründenden „k.k. priv. Giselabahn-Gesellschaft“. Bis heute hat sich diese Bezeichnung im Volksmund erhalten.

Die Elisabethbahn-Gesellschaft nahm diese „Entfremdung ihres westlichen Interessensgebietes“ schließlich nicht länger hin und verstärkte ihr Engagement bezüglich einer Konzession.

1872 wurde diese sodann endlich erreicht. Bis 1875 wurden die Linien der „Salzburg-Tiroler-Bahn“(Hallein-Bischofshofen-Wörgl/Selzthal) errichtet und die bereits existierende „Halleinerbahn“ eingelöst.

Damit waren alle Wünsche des Staates bestens erfüllt worden.

Salzburg-Tiroler-Bahn: Zugbegleiter des E/IC 541 „Kitzsteinhorn“ (Innsbruck-Zell am See-Salzburg-Wien) (1995/96).

Aus: Int.Eisenbahnarchiv LKP

 

Salzburg-Tiroler-Bahn: Linienverbesserung in Vigaun, südl. von Hallein(1975).

Aus: Die ÖBB in Wort und Bild 12/75, 33.

 

Salzburg-Tiroler-Bahn: Beim Pass Lueg(2009).

Copyright: Elmar Oberegger

 

Salzburg-Tiroler-Bahn: Ausbau bei Gerling(zw. Zell am See und Saalfelden) (1972).

Aus: Die ÖBB in Wort und Bild 6/72, 33.

 

Salzburg-Tiroler-Bahn(Selzthaler Zweig): Zugbegleiter des IC 713 „Karl Böhm“ (Salzburg-Radstadt-Graz) (1995/96).

Aus: Int.Eisenbahnarchiv LKP

 

Zugleitschild des IC „Karl Böhm“:

Aus: Int.Eisenbahnarchiv LKP

 

Salzburg-Tiroler-Bahn(Selzthaler Zweig): Zugleitschild des IC 614 „Robert Stolz“ (Salzburg-Radstadt-Graz) (um 1997). Abfahrt Graz Hbf 20:22 h/Ankunft Salzburg Hbf 00:39 h.

Aus: Int.Eisenbahnarchiv LKP

 

Salzburg-Tiroler-Bahn(Selzthaler Zweig): Neubau der Fritzbach-Brücke bei Bischofshofen(1978).

Aus: ÖBB-Journal 12/78, 30.

 

Salzburg-Tiroler-Bahn(Selzthaler Zweig): Zugleitschild des Grazer Kurswagens des „Wörthersee-Express“(Ex 210) von Klagenfurt nach Dortmund(1979).

Aus: Nachlaß Theodor Eckerstorfer

 

Anmerkungen:

 

1)    Vgl. zu diesem Abschnitt grundlegend den Art. „Salzburg-Halleiner-Bahn“. In: Enzyklopädie zur Eisenbahngeschichte des Alpen-Donau-Adria-Raumes. -Internet 2006 ff.

2)    Vor dem Eisenbahnzeitalter wurde das Halleiner Salz bevorzugt auf dem Wasser(Salzach-Inn-Donau-Linie) befördert. Vgl. dazu etwa Ernst PENNINGER/Georg STADLER: Hallein. Ursprung und Geschichte der Salinenstadt. -Salzburg 1970, S. 35 ff.

3)    In dieses Projekt war Kitzler übrigens ebenfalls involviert. Siehe dazu allgemein Ignaz KONTA: Geschichte der Eisenbahnen Oesterreichs vom Jahre 1867 bis zur Gegenwart. In: Geschichte der Eisenbahnen der österreichisch-ungarischen Monarchie I/2, S. 1 ff. Hier: S. 154 f.

4)    Vgl. Bernhard v.WÜLLERSTORF-URBAIR: Ein Eisenbahnnetz für die österreichische Monarchie. In: Österreichische Revue 1866, S. 22 ff. Siehe die Karte im Anhang! Vgl. zur Bedeutung von Wüllerstorf-Urbair für die österreichische Eisenbahngeschichte Elmar OBEREGGER: Wüllerstorf-Urbair und die Eisenbahn. Sein Memorandum aus dem Jahre 1866. -Sattledt 2008.

5)    Victor RÖLL: Eisenbahngeschichte Österreichs in Grundzügen(1915). –Sattledt 2009, S. 12.

 

Copyright: Elmar Oberegger 2010.